Stand Nutzen-Kosten-Untersuchungen

8. Februar 2023

Schnelle Verbindungen,
pünktliche Züge,
mehr Platz in der Bahn:


Attraktiveres Bahnangebot

Einleitung

Im Infrastrukturprojekt „i2030 – Mehr Schiene für Berlin und Brandenburg“ wird nicht nur fleißig geplant, sondern auch fleißig gerechnet. Die Nutzen-Kosten-Untersuchungen (kurz: NKU) durch einen externen Gutachter sind die Voraussetzung, um Fördermittel des Bundes für den Bau zu erhalten. Die laufenden Planungen sind wiederum Voraussetzung und Berechnungsgrundlage für die ersten groben Nutzen-Kosten-Untersuchungen. Diese frühen Grobeinschätzungen sind Arbeitsstände und dienen der Prüfung, ob Optimierungen oder zusätzliche Variantenbetrachtungen in der weiteren Planung sinnvoll sind. Darüber hinaus müssen die Eingangsdaten und Annahmen projektbegleitend im Rahmen der Standardisierten Bewertung mit dem Bundesverkehrsministerium (BMDV) als Fördergeber abgestimmt werden. Für die ersten i2030-Teilprojekte liegen die Ergebnisse der Grobeinschätzungen vor: Für die Heidekrautbahn Stammstrecke, die Bahnsteigverlängerungen für den RE1, die Verlängerung der S-Bahn nach Stahnsdorf und die Siemensbahn ist nach der ersten Einschätzung eine Erreichung der Förderkriterien des Bundes wahrscheinlich. In anderen Korridoren wird derzeit gerechnet oder ist die Bewertung noch nicht gestartet. Für die S-Bahn-Verlängerung über Spandau hinaus wurde eine Variantenentscheidung getroffen (weiterhin Untersuchung der S-Bahn bis Falkensee, aber nicht mehr bis Finkenkrug). Für den Korridor Süd wurde anhand der NKU die Entscheidung getroffen, anstatt einer S-Bahn-Verlängerung nach Rangsdorf die Stärkung des Regionalverkehrs weiter zu verfolgen, da diese Lösung für die Fahrgäste attraktiver ist. Die Betrachtungen, die Grundlage der beiden letzten Entscheidungen waren, können Sie hier herunterladen: Fragen und Hintergründe zur Nutzen-Kosten-Untersuchung haben wir in unserem FAQ aufbereitet.

Was ist eine Nutzen-Kosten-Untersuchung?

Die Nutzen-Kosten-Untersuchung (kurz: NKU) ist eine Form der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, die in zahlreichen Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge zur Entscheidungsunterstützung eingesetzt wird. Infrastrukturprojekte wie i2030 werden mit öffentlichen Mitteln finanziert. Für diese Gelder sind nach den Haushaltsordnungen von Bund und Ländern ein wirtschaftlicher und sparsamer Mitteleinsatz sowie angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen vorgeschrieben. Größere Projekte des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) werden daher bundesweit einheitlich mit der Standardisierte Bewertung von Verkehrswegeinvestitionen im öffentlichen Personennahverkehr Version 2016+ bewertet. Diese „Anleitung“ wurde im Sommer 2022 überarbeitet und steht beim Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) zum Download zur Verfügung. Es handelt sich hierbei nicht um eine betriebswirtschaftliche Bewertung für ein Unternehmen, sondern um eine volkswirtschaftliche Betrachtung der Projekte, die auch den Nutzen für die Gesellschaft mitberücksichtigt.

Was wird in der Nutzen-Kosten-Untersuchung bewertet? Welche Eingangsdaten gibt es?

Nach dem Mitfall-Ohnefall-Prinzip wird die zukünftige Entwicklung mit Umsetzung der Maßnahme (z.B. Streckenausbau zur Taktverdichtung) der Entwicklung ohne diese Maßnahme gegenübergestellt. In beiden Fällen wird berücksichtigt, wie sich Einwohner- und Pendlerzahlen gemäß offiziellen Prognosen künftig entwickeln. Die Untersuchungen zu i2030 basieren derzeit noch auf dem Prognosejahr 2030. Auch Entwicklungsgebiete (z.B. Quartiere mit neuen Wohnungen) werden berücksichtigt. Das Verkehrsangebot und die Infrastruktur im übrigen Netz, einschließlich bereits fest beschlossener oder in Umsetzung befindlicher Maßnahmen wird im Mit- und Ohnefall gleich angesetzt, so dass die konkreten Auswirkungen der zu untersuchenden Maßnahme ermittelt werden können. Bei der Entwicklung der Nachfrage im ÖPNV wird nicht nur die auszubauende Strecke betrachtet, sondern alle relevanten weiteren Relationen. Vereinfacht gesagt ist etwa bei einer Taktverdichtung der S-Bahn in parallel verkehrenden Buslinien mit einem Nachfragerückgang zu rechnen, während bei Zubringerlinien zur S-Bahn die Nachfrage steigt. Die verschiedenen Effekte müssen zur Herstellung der Vergleichbarkeit teilweise monetarisiert, also in Geld umgerechnet werden. Bewertet werden u. a.:
    • Reisezeit im ÖPNV
    • Nachfrage und Einnahmen im ÖPNV
    • PKW-Betriebskosten
    • ÖPNV-Betriebskosten
    • Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit (Unfallzahlen)
    • CO2-Emissionen und Luftschadstoffe
    • Lärm
    • Investitionskosten für die Infrastruktur und daraus abgeleiteter Kapitaldienst
Prinzip der Standardisierten Bewertung, Grafik: Intraplan
Prinzip der Standardisierten Bewertung, Grafik: Intraplan

Wann sind die Nutzen-Kosten-Untersuchungen abgeschlossen? Wo werden sie veröffentlicht?

Kurz gesagt: Eine NKU ist erst mit Abschluss der Genehmigungsplanung im jeweiligen Korridor bzw. Teilprojekt abgeschlossen und wird anschließend auf www.i2030.de veröffentlicht. Ausführlich: Zur Durchführung von Nutzen-Kosten-Untersuchungen (NKU) für die einzelnen i2030-Korridore hat der VBB im Mai 2021 eine Rahmenvereinbarung mit einem Gutachterbüro geschlossen. In Abhängigkeit des Projektfortschrittes in den einzelnen i2030-Korridoren werden anschließend nach und nach erste Grobabschätzungen für die jeweiligen Korridore durchgeführt. Einmal bewertet und in die Schublade gelegt gibt es bei der NKU nicht. Es handelt sich vielmehr um einen iterativen Prozess, der erst kurz vor Baubeginn (und manchmal sogar erst während des Baus) abgeschlossen wird. So werden die Kosten für die Infrastruktur (die als Kapitaldienst und Unterhaltungskosten in die Bewertung eingehen) ausgehend von einer ersten Grobschätzung mit zunehmendem Planungsfortschritt (siehe auch Tagebucheintrag) belastbarer. Erkenntnisse aus der Planung, Änderungen im Rahmen der Planfeststellung, neu hinzugekommene oder verworfene Varianten zum Verkehrsangebot oder anderweitig geänderte Rahmenbedingungen können das Ergebnis verändern. Eine frühe Grobeinschätzung, wie sich jetzt überwiegend durchgeführt wird, dient der Prüfung, ob Optimierungen oder zusätzliche Variantenbetrachtungen in der weiteren Planung sinnvoll sind. Darüber hinaus müssen die Eingangsdaten und Annahmen mit dem Förderreferat des Bundesverkehrsministeriums (BMDV) abgestimmt werden. Da wir dieser Abstimmung mit dem Fördermittelgeber nicht vorgreifen können sowie auf Grund der zuvor geschilderten Unsicherheiten, werden diese Arbeitsstände nicht veröffentlicht. Abgeschlossene Nutzen-Kosten-Untersuchungen (erforderlich ist dafür ein Abschluss der Genehmigungsplanung) werden selbstverständlich unter www.i2030.de veröffentlicht. Wir sind mit i2030 auch angetreten, einen frühzeitigen und transparenten Dialog mit der Fachöffentlichkeit und den Betroffenen zu führen. Sofern ausreichend gesicherte Erkenntnisse vorliegen, werden wir qualitative Grobeinschätzungen veröffentlichen (siehe „Wie ist der Stand der Nutzen-Kosten-Untersuchungen?“). Untersuchungen, die zu wesentlichen Änderungen des Projektumfangs führen, werden nach Möglichkeit ebenfalls veröffentlicht. Aktuell betrifft das die Einschätzung zur S-Bahn zwischen Blankenfelde und Rangsdorf sowie zur S-Bahn zwischen Falkensee und Finkenkrug.

Können die i2030-Projekte auch ohne Nutzen-Kosten-Untersuchung realisiert werden?

Überwiegend nein. Das Investitionsvolumen für Bau und Planung aller i2030-Korridore liegt Stand 2023 bei ca. 10,6 Mrd. €. Diese Summe können die Länder Berlin und Brandenburg nicht allein aufbringen, sondern sind für alle größeren Maßnahmen auf Fördermittel des Bundes, vorwiegend aus dem sogenannten Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) angewiesen. Damit die Umsetzung mit Bundesmitteln unterstützt werden kann, muss zwingend eine Nutzen-Kosten-Untersuchung durchgeführt werden und nachweisen, dass ein Projekt einen positiven gesamtwirtschaftlichen Effekt (Nutzen-Kosten-Indikator >1) mit sich bringt. Lediglich kleinere Maßnahmen oder Anpassungen im Bestandsnetz benötigen keine Nutzen-Kosten-Untersuchungen, da sie in der Regel auch nicht über das GVFG-Bundesprogramm finanziert werden können. Für Großprojekte des Bundes mit Auswirkungen auf den Fern- und Güterverkehr werden ebenfalls Nutzen-Kosten-Untersuchungen durchgeführt. Hierfür gibt es ein eigenes Verfahren des Bundes im Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung. Sofern von Seiten des Bundes bereits eine positive Bewertung vorliegt, kann unter bestimmten Voraussetzungen auch auf die Durchführung der Standardisierten Bewertung verzichtet werden.

Warum wird die Verlängerung der S-Bahn von Blankenfelde nach Rangsdorf nicht weiterverfolgt? Was sind die Alternativen?

Die von der S-Bahn zusätzlich bedienten Gebiete werden mit der Fertigstellung der Dresdner Bahn (Dezember 2025) eine sehr gute und zudem in vielen Fällen deutlich schnellere Anbindung über den Regionalverkehr aufweisen, wodurch die effektiven Verbesserungen für die Fahrgäste durch eine S-Bahnverlängerung vergleichsweise gering ausfallen. In einzelnen Relationen (u.a. Entfall Regionalverkehrshalt Dahlewitz) würde sich das Angebot und die Reisezeit sogar verschlechtern. Selbst bei starkem Strukturwachstum ist nicht mit einer deutlichen Veränderung des Ergebnisses zu rechnen, da die Nachfragesteigerungen aufgrund der künftig verbesserten Anbindung der Region im Regionalverkehr überwiegend auch von dieser aufgenommen werden würden. Damit konnte im Zuge der NKU-Betrachtungen aus volkswirtschaftlicher Sicht kein ausreichender Nutzennachweis des Projekts erbracht werden. Die i2030-Partner haben es sich zum Ziel gesetzt, die Strecke von Blankenfelde über Dahlewitz nach Rangsdorf für den SPNV zu stärken und zukunftsfähig auszubauen. Damit der Regionalverkehrshalt Dahlewitz perspektivisch für längere Züge mit mehr Sitzplatzkapazitäten genutzt werden kann, sollen hier die Bahnsteige verlängert werden. Davon wird auch Rangsdorf profitieren. Genaue Festlegungen, wie der Korridor Süd in den nächsten Jahren weiterentwickelt wird, werden Gegenstand kommender Entscheidungen des i2030-Lenkungskreises sein. Perspektivisch ist bei einer entsprechenden Nachfrageentwicklung die Möglichkeit einer späteren S-Bahnverlängerung von Blankenfelde nach Dahlewitz infrastrukturell weiterhin nicht ausgeschlossen. Die NKU zur S-Bahnverlängerung von Blankenfelde nach Rangsdorf steht hier zum Download zur Verfügung.

Warum wird die Verlängerung der S-Bahn von Falkensee nach Finkenkrug nicht weiterverfolgt? Wie geht es weiter?

Im Rahmen der Vorarbeiten für die Nutzen-Kosten-Untersuchung der S-Bahn Verlängerung über Berlin-Spandau hinaus wurde durch den Gutachter eine Grobabschätzung ausschließlich für den Abschnitt Falkensee bis Finkenkrug vorgenommen. Hiermit sollte bewertet werden, ob die Variante der S-Bahn-Verlängerung über Falkensee hinaus bis Finkenkrug noch weiterverfolgt werden soll.

Auch unter für die S-Bahn vorteilhaften Annahmen wurde für den Abschnitt Falkensee bis Finkenkrug ein negativer Nutzen-Kosten-Indikator ermittelt. Investitions- und Betriebskosten der S-Bahn sowie die begrenzten verkehrlichen Wirkungen aufgrund des guten Angebotes des parallel verkehrenden Regionalverkehrs mit drei Fahrten je Stunde sowie Halt in Falkensee und Finkenkrug führen dazu, dass für die S-Bahn von Falkensee nach Finkenkrug als zusätzliches Angebot kein ausreichender Nutzen generiert werden kann.

Auf Grund dieser eindeutigen Ergebnisse wurde durch den i2030-Lenkungskreis entschieden, diesen konkreten Abschnitt der S-Bahn nicht weiter zu verfolgen und dadurch die in der weiteren Bearbeitung zu untersuchenden Varianten zu reduzieren.

Die Abstimmungen zur Nutzen-Kosten-Untersuchung für die S-Bahnverlängerungen von Berlin-Spandau bis Falkensee und Falkenseer Chaussee wurden aufgenommen. Genauere Erkenntnisse werden sich erst im Laufe der weiteren Bearbeitung ergeben. Im Unterschied zu Finkenkrug werden in diesem Abschnitt zusätzliche Fahrgastpotentiale erschlossen, die bislang noch nicht von schnellem schienengebundenem Nahverkehr profitieren.

Die NKU-Grobabschätzung zur S-Bahn Falkensee – Finkenkrug steht hier zum Download zur Verfügung.

Wie ist der Stand der weiteren Nutzen-Kosten-Untersuchungen?

    • West: Berlin-Spandau – Nauen
      • Ausbau für Regional- und Fernverkehr: keine NKU erforderlich, Platzierung im Bedarfsplan Schiene
      • Ausbau S-Bahn: Vorbewertung Falkensee – Finkenkrug abgeschlossen; Grobeinschätzung für weitere Abschnitte gestartet
    • Nord-West: Prignitz-Express / Velten
      • Velten – Neuruppin: NKU in Bearbeitung
      • Schönholz – Velten inklusive Berlin-Einbindung Regionalverkehr: Bewertung gestartet, Grobeinschätzung mit Vorliegen der Vorplanung möglich
    • Nord: Nordbahn / Heidekrautbahn
      • Heidekrautbahn Stammstrecke: Finalisierung der NKU in Bearbeitung, Förderung über GVFG gemäß Erstbewertung voraussichtlich möglich
      • Nordbahn: Grobeinschätzung wird parallel zur Vorplanung erarbeitet
    • Süd-Ost: Berlin –Cottbus / Königs Wusterhausen
      • Keine NKU erforderlich, Finanzierung über Investitionsgesetz Kohleregionen
    • Süd: Berlin – Dresden
      • S-Bahn Verlängerung nach Rangsdorf wird aufgrund der negativen Grobeinschätzung nicht weiterverfolgt
      • Bewertung zusätzlicher Halte (S2, Regionalverkehr) noch ausstehend
    • Süd-West: Potsdamer Stammbahn / S25 Süd
      • Potsdamer Stammbahn: Grobeinschätzung wird parallel zur Vorplanung erarbeitet
      • S25 Süd: Förderung über GVFG gemäß NKU-Grobeinschätzung voraussichtlichmöglich
    • West-Ost: „RE1“, Magdeburg – Berlin – Eisenhüttenstadt
      • Förderung über GVFG gemäß NKU-Grobeinschätzung voraussichtlich möglich
    • Siemensbahn: Jungfernheide – Gartenfeld
      • Förderung über GVFG gemäß NKU-Grobeinschätzung voraussichtlich möglich
    • Berliner S-Bahn: Weiterentwicklung und Engpassbeseitigung
      • Maßnahmenzuschnitte in Klärung